Vom Unterricht kriegte Sara nicht viel mit. Zu sehr war sie gedanklich beschäftigt mit dem was noch kommen würde, aber auch mit dem was schon war. Nämlich damit, dass sie mit nacktem Po auf einem kühlen Stuhl saß.
Ob Frau Lehmann so schlau war zu durchschauen, dass Sara mit ihrer Aktion, einmal unten ohne durch die ganze Klasse zu gehen, nur geblufft hatte, oder ob sie einfach nur unflexibel war, und sich vorher überlegt hatte, Sara durch ihre Nacktheit zu erniedrigen, auf jeden Fall war es wohl kaum Zufall, dass, als jemand gesucht wurde, um Länder auf einer Europakarte zu zeigen, die Wahl auf Sara fiel. Obwohl das eigentlich die Sache nicht mehr schlimmer machte, fühlte sich Sara extrem unwohl, als sie nach vorne musste und halbnackt vor der ganzen Klasse stand. Bei skandinavischen Ländern musste sie sich zudem ganz strecken und auf die Zehenspitzen, was ihren Anblick sicherlich noch erregender machte.
Als es an der Tür klopfte, zuckte Sara zusammen. Bisher war es immer, wenn sie dachte, es könnte nicht mehr unangenehmer werden, noch schlimmer geworden. Aber auch Frau Lehmann schien verunsichert.
Nach einem kurzen Moment ging die Tür auf und Herr Dressler betrat den Raum. Der Schulleiter schaute zu Frau Lehmann und wollte schon anfangen, etwas zu sagen, als er Sara bemerkte. Beziehungsweise vor allem, dass Sara „unten ohne” war. Es dauerte einige Sekunden bevor er seine Fassung wiedergefunden hatte.
„Zu Ihnen wollte ich, Frau Lehmann. Es ist dringend. Aber bitte erklären Sie mir erstmal, warum diese Schülerin keine Hose und keine Schuhe anhat.”
Die sonst doch eigentlich so selbstsicher wirkende Geschichtslehrerin erschien auf einmal gar nicht mehr so souverän. Trotzdem schaffte sie es mit ihrer ganzen Routine als sprachgewandte Lehrerin, sofort eine vermeintlich überzeugende Antwort zu geben.
„Sara hat letzte Woche eine ungeheure Gemeinheit gegenüber einer Mitschülerin begangen. Dafür habe ich sie mit der Reitgerte gezüchtigt. Ich habe mich aber nicht getraut, die eigentlich erforderliche Sanktion in Gänze durchzuführen, weil ich die mir anvertrauten Schülerinnen und Schüler natürlich nicht ernsthaft verletzen will. Und da ich unsicher war, ab wann eine körperliche Strafe Schäden anrichten kann, habe ich mich entschieden, die Züchtigung in zwei Teilen zu vollstrecken. Der zweite Teil soll heute erfolgen.”
„Das beantwortet nicht meine Frage, warum die Schülerin mit nackter Scheide am Unterricht teilnimmt.”
Herr Dresslers Ton war erkennbar schärfer geworden.
Jetzt brachte selbst die rhetorisch geschulte Frau Lehmann nur noch ein Stammeln heraus.
„Äh… Also eigentlich ist das nur so. Äh… Damit es gleich schneller geht. Ich wollte erst im Stoff weiterkommen, damit der Klasse kein Nachteil entsteht wenn wir Zeit für Saras Bestrafung verlieren.”
„Und das Ausziehen der Hose geht am Anfang einer Stunde schneller? Wem wollen Sie denn so einen Blödsinn erzählen?”
Sara hatte Herrn Dressler noch nie so autoritär erlebt. Von den meisten Schülern, und auch von Sara, wurde er eigentlich immer eher als „netter Onkel” empfunden, der in den Pausen oder im Flur vor seinem Büro auch mal ein nettes Wort übrig hatte. Aber jetzt war er der Rektor, und damit der Dienstvorgesetzte von Frau Lehmann.
„Sei’s drum. Ich komme aber offenbar genau richtig. Wegen Ihrer Auslegung der „Neuen Regeln” bin ich informiert, oder sagen wir besser: alarmiert worden. Und nach meinem Eindruck hier wohl absolut zurecht. Sie haben in der fünften eine Freistunde. Kommen Sie dann bitte in mein Büro. Wir haben einiges zu klären. Bis dahin führen Sie keine weiteren Züchtigungen durch und sorgen bitte dafür, dass alle Schülerinnen und Schüler in Ihrem Unterricht vollständig bekleidet sind.”
Ende Teil 19
