Die Wandlung – Mein Leben (IV)
Kapitel 1 -3 findet ihr in meinem Profil.
Der Inhalt meiner Geschichte ist speziell. Lest bitte nicht weiter, wenn ihr nichts mit dem Thema Transgender, Tabu, LGBT , Bisexualität, Crossdressing o.ä. anfangen könnt. Ich habe den Verlauf dieser Geschichte über die letzten 5 Jahre konzipiert und sehr durchdacht. Es wird eine lange Geschichte über mein fiktives Leben, d.h. die Handlung erstreckt sich über mehrere Jahre, dementsprechend altern die Charaktere und die Kapitel werden in regelmäßigen Abständen erscheinen. Stellt euch vor, dass ihr eine neue Serie beginnt. Mein Schreibstil entspricht nicht dem hier üblichen Jargon, aber vielleicht gefällt es euch. Ich freue mich über jeden Kommentar. Viel Spaß!
Kapitel IV – Gefühle
„Ich bin deine Tante, Enis.” Diese Worte brannten sich in mein Gehirn und ich fühlte mich betäubt. Nur noch schemenhaft konnte ich Deryas Umrisse vor meinen Augen erkennen, alles war verschwommen. Während alles um mich herum schwarz wurde, sah ich nur noch, wie mein Sperma hoch auf Deryas Unterarm und ihre Schulter schoss und sie besorgt mit ansah, wie mein Kopf nach hinten fiel.
Ich habe einige Minuten gebraucht, bis ich wieder zu mir kam. Derya saß nackt auf dem Bett im Schneidersitz vor mir und lächelte. “Wieder da?”
Ich war irritiert. “J- Ja. Ist das wahr, was du eben zu mir gesagt hast?”- “Ja, ist es. Und es tut mir leid, dass ich dir das so um den Kopf geworfen habe. Aber ich konnte es nicht länger verbergen.”
Ich rieb mir die Augen. “Warum habt ihr mir nie etwas davon gesagt?” Derya holte tief Luft. “Deine Mutter weiß es selbst nicht. Ihr Vater hat seine Frau damals in hohem Alter noch einmal betrogen, und ich bin das Ergebnis. Daher sind wir auch nur Halb- Schwestern. Ich war aber immer auf der Suche nach deiner Mutter und habe Ayhan damals gebeten, hier in der Siedlung ein Haus zu kaufen, damit ich in ihrer Nähe sein kann. Aber ich habe es nie über das Herz gebracht, ihr die Wahrheit zu sagen. Wenn ich ihr erzählt hätte, dass ihr Vater mit einer anderen…ihre Welt wäre zusammengebrochen.” Ich verstand Derya. “Jedenfalls, jetzt wo du es weißt, würde ich bitten, es auch für dich zu behalten.” “Ich glaube, das kann ich”, antwortete ich nachdenklich. “Ich weiß, es ist schwierig, Enis. Und dass du und ich miteinander schlafen, Gefühle füreinander haben, macht es natürlich nicht einfacher. Aber du solltest wissen, dass ich nicht deswegen mit dir zusammen bin. Meine Liebe zu dir ist wirklich rein emotionaler Natur. Wenn ich nicht gewusst hätte, dass du mein Neffe bist, hätte ich mich wahrscheinlich genauso in dich verliebt.” Langsam beruhigte ich mich und konnte wieder klarer denken. Mein Atem wurde einfacher. Ich holte tief Luft. Es war Zeit, die Karten auf den Tisch zu legen. So ehrlich wie Derya zu mir war, so ehrlich musste ich jetzt sein.
“Da ist auch noch etwas, was ich dir sagen muss, Derya.” Sie schaute mich gespannt an. “Was denn, mein Schatz?”
“Als wir neulich das erste Mal miteinander hatten und ich geweint habe…d-d-das war nicht nur wegen einer schlechten Note.” Jetzt war Derya absolut eingefroren. “Weswegen denn dann?”
“Als du gesagt hast, dass du dich von deinem Mann verletzt fühlst…Naja…du warst nicht die Einzige, die von ihm verletzt war.” Stille. Derya blieb der Atem sichtlich stehen. “Du warst von Ayhan verletzt? Warum?”
“Im Urlaub ist etwas passiert.”
Derya schaute auf die Decke, dann wieder zu mir. “Was ist da passiert?”
Jetzt war ich eingeschüchtert und brachte kein Wort raus. “Enis, was ist da passiert?”
“Ayhan und ich, w-w-wir haben uns geküsst.” Wieder Stille. Derya hakte dann nach. “Geküsst? Und dann?”
“Dann haben wir uns umarmt. Nackt.”
“Und weiter, Enis?”
“Während der Umarmung haben sich unsere Schwänze berührt. Und dann bin ich gekommen.”
“Ayhan nicht?”
“Nein, erst nicht. Ich bin dann auf die Knie und habe ihn in den Mund genommen. Dann habe ich ihn oral befriedigt, bis er auf meinen Lippen gekommen ist. Wir haben uns danach geküsst und haben nie wieder ein Wort darüber verloren. Ich war überrumpelt, aber habe mich da auch in ihn verliebt. Er war bei mir Duschen, ich habe ihn gesehen und er hat mich ertappt. So ist das eine zum anderen gekommen. Und als ihr euch dann wieder versöhnt habt, hat er nicht mehr mit mir darüber gesprochen. Das hat mich so verletzt.”
Derya musste das Gesagte sacken lassen, aber fing sich relativ schnell wieder. “Das erklärt natürlich sein Verhalten. Und wie stehst du jetzt zu ihm?” Endlich konnte ich frei darüber reden. “Ich bin immer noch in ihn verliebt. Aber auch in dich.” So nachdenklich wie in diesem Moment habe ich Derya nie gesehen. “Ok Enis, das war eine wunderschöne Woche. Ich denke, es ist in Ordnung, wenn wir uns jetzt zurückziehen und jeder über die Situation nachdenkt. Ayhan kommt sowieso heute nach Hause. Komm Montag wieder zu mir, am besten ab Nachmittag. Dann können wir nochmal reden.” Wir verabschiedeten uns, allerdings distanzierter als sonst. Ich war innerlich aufgerüttelt, irritiert und verwirrt. Wenigstens konnte ich etwas Abwechslung gewinnen, denn die Facharbeit mit Verena stand an.
Am Samstag saßen Verena und ich auf ihrem Bett, vor uns etliche Seiten ausgebreitet und Stifte gezückt. Das Thema gefiel uns beiden nicht, aber wir mussten da durch. Die hochgewachsene Pferdenärrin war eine meiner einzigen Bezugspersonen in der Klasse, und wir verstanden uns extrem gut. Nach einer halben Stunde verloren wir die Konzentration.
“Du, Enis?”, fragte sie. “Wo warst du in dieser Woche eigentlich wirklich?” Ich stand leicht unter Schock. “Bei Martin, wir haben gezockt.” -“Das hat mir deine Mama auch gesagt, als ich vor der Tür stand. Ich bin dann weiter zu Martin, und er wusste überhaupt gar nicht Bescheid. Ich bin dann aber nicht zurück zu euch und hab mir gedacht, dass ich dich einfach selbst frage.”
So schnell konnte ich mir nichts aus der Nase ziehen, und so begann ich, Verena über die letzten Monate aufzuklären. “Das heißt, du hattest erst was mit diesem Mann und jetzt eine Affäre mit seiner Frau, die auch noch deine Tante ist?”, fragte sie mit verzweifelter Lache. “Ja, ich finde es selbst verrückt. Aber so ist es nunmal.”, antwortete ich. Verena starrte ungläubig an die Decke, während wir nebeneinander auf dem Rücken lagen und das Gesagte wieder verdauten. “Puh, das ist ganz schön heftig. Ich wüsste nicht, was ich machen würde. Aber manche Sachen kann man eben nicht lenken.” Das war eine gute Beschreibung. “Stimmt”, sagte ich. “Das trifft es.” – “Man kann vieles nicht lenken. Sehr vieles nicht.” Ich wurde stutzig. “Was meinst du damit, Verena?”
Sie seufzte. “Naja, ich kann eben auch nicht vieles lenken.” Ich legte mich auf die Seite und wandte mich ihr zu. “Jetzt sag schon!” Jetzt schloss Verena die Augen halb. “Joa, ich stehe ja nicht so auf Jungs…” Es fiel mir wie Schuppen von den Augen. “Du meinst, du bist lesbisch?” Verena lächelte. “Jep.”
Irgendwie beruhigte mich das, denn ich schien nicht der Einzige in meinem Alter zu sein, der so seine Päckchen zu tragen hatte. “Und woher weißt du das, ich meine, hattest du noch nie was mit Typen?” – “Es kann nicht jeder so aktiv sein wie du, Enis. Aber doch, ich habe 1-2 Sachen ausprobiert und es war nicht so das Wahre. Außerdem fühle ich mich nicht als Tussi.” Sie hob ihr Shirt an und zeigte mir ihren BH. Die Brüste waren faustgroß, nicht wirklich ausgewachsen. “Du musst aber keine Tussi sein, um auf Typen zu stehen, Verena.” -“Ist mir schon klar, du weißt was ich meine. Du Idiot.” Eine Last fiel von meinen Schultern, und wir unterhielten uns noch lange. Irgendwann schliefen wir nebeneinander ein, und mir war klar, dass ich Verena nicht mehr aus meinem Leben streichen wollte.
Der Montag kam und ich machte mich auf zu Derya. Ich war gespannt, was sie zu sagen hatte. Eventuell ging unsere Affäre weiter, oder wir beendeten es. Sie öffnete die Tür und begrüßte mich mit einem zärtlichen Kuss. Dann nahm sie mich an die Hand und ging mit mir ins Schlafzimmer. Ich stellte mich schon darauf ein, mit Derya zu schlafen, aber es kam anders.
“Leg deinen Kopf auf das Kissen Enis, und guck mich an”. Das Ganze war sehr komisch. Ich saß nun aufrecht im Bett und wartete darauf, was Derya mir zu sagen hatte. “Weißt du, ich habe nachgedacht. Darüber, was das mit uns ist, und darüber, was du mit Ayhan hattest. Mit Ungewissheit kann ich nicht leben. Ich möchte gerne etwas ausprobieren, was ich in meinem Psychologie- Studium gelernt habe. Du kannst mir Vertrauen, Enis.”
“Gut”, antwortete ich und wartete gespannt auf das, was jetzt kommen sollte.
“Schließ deine Augen.”
Ich schloss die Augen und hörte auf Deryas Stimme.
“Höre mir zu, Enis. Frage dich, was du für die Liebe tun würdest. Ich will, dass du mir vertraust. Stelle dir ein Licht vor. Folge dem Licht.”
Vor meinem inneren Auge sah ich das Licht. “Siehst du das Licht, Enis?” -“Ja.”
“Denke jetzt daran, dass es da draußen Menschen gibt, denen du deinen Körper anvertraust. Menschen, die du spüren möchtest, Menschen, bei denen du dich geborgen fühlst.” Vor meinem Auge blitzte ganz kurz Jana auf, verschwand aber wieder. Dann zuckte kurz Ayhans Anblick unter der Dusche auf, gefolgt von Derya, wie sie mich an ihrer Hand führte. “Entspann dich. Denke an deinen idealen Partner. Den du liebst, von dem du dich geliebt fühlst.” Ich sah nun 2 Personen im Licht vor mir. Ayhan und Derya. In meinem Bauch begannen Schmetterlinge zu flattern, mir wurde heiß, mein Atem wurde schneller. Schweißperlen bildeten sich auf meiner Stirn. Ich hörte aus der Ferne das Tropfen der Dusche, unter der ich damals mit Ayhan stand. Langsam kam ich in die Realität zurück und hörte Derya:
“Es ist ok, Enis. Es ist in Ordnung, wenn du 2 Personen siehst. Ich denke, beide Partner passen perfekt zu dir.”
Ich öffnete die Augen und sah, wie Derya mich anlächelte. Ich fühlte mich befreit und wusste, dass ich beide lieben könnte. Derya erwiderte mein gutes Gefühl. “Komm, Enis.” Wir standen auf und erneut nahm sie mich an die Hand.
Sie führte mich ins Wohnzimmer. Ich schaute auf das Sofa und müsste lächeln. Dort saß Ayhan.
Er lächelte mich ebenfalls an. “Hallo, Enis. Ich freue mich, dich wiederzusehen.”