„Was meinst du?”
„Die Löwin frisst das Kind. Das ist krank!”
„Oh ja, stimmt, das hätte ich sichern sollen. Mein System ist nicht darauf vorbereitet, dass notgeile Muschis planlos Dateien auswählen und…”. Ihre Schelle unterbrach seine Worte. Sie war nicht wuchtig oder schmerzhaft, eher symbolisch mit den Fingerspitzen.
„Das war schlimm? Aber ich bessere mich.”
„Inwiefern?”
„Ich habe es geahnt, als ich es sagte. Erkenntnis ist der erst Schritt.” Er grinste dazu schelmisch und sie konnte gar nicht mehr böse mit ihm sein. Er sah es und fuhr fort:
„Es ist eine Beispielsequenz. Ein Entwickler von Schutzsoftware arbeitet daran, wie zu gewalttätige virtuelle Realitäten vermieden werden können. Wenn du das für krank hältst, okay, aber weißt du, wozu Menschen fähig sind?”
Sandra wurde nachdenklich, ihre Gesichtszüge entgleisten beim Gedanken an die düsteren Möglichkeiten. Das Wissen darum steckte in ihr, wurde jedoch immer artig in die hinterste Schublade gepackt. Anders ginge es auch gar nicht, dachte sie. Sonst könnte man sich ja nicht mehr normal leben.
„Pass auf. Nach dem Essen zeige ich dir etwas sehr Schönes mit der Brille. Es wird das negative Bild aufwiegen, dass du jetzt hast. Du wirst aus dem Träumen nicht herauskommen!”
„Nein, ich werde das Ding zunächst nicht noch einmal aufsetzen. Bleib mir damit vom Leib. Und schön findest du doch sowieso nur Pornographie, oder?”
„Porno kann ästhetisch sein, muss aber nicht. Aber komm schon, so einfältig bin nun auch nicht.”
„Lass mal, bei meiner Gemütslage sind mir schon manche Bücher zu hart. Nein, vergiss es.”
Sie tafelten fürstlich, sie mied heute den Wein, sie fand, dass sie schon zu viele Ausnahmen machte. Er kochte unverschämt gut, sein Geheimnis war, sich zu einhundert Prozent an die Rezepte zu halten und er verstand nicht, wie man da viel falsch machen konnte.
Den Abend verbrachten sie lesend, auf ihren Wunsch ohne, dass das Fernsehgerät lief. Sie hatte ihn um einen Buchtipp gebeten, frei jeglicher Gewalt, und er hatte daraufhin ‚Fermats letzter Satz’ aus dem Regal gezogen. Sie war erstaunt, wie interessant Mathematik dargebracht werden konnte und war schon bald in der Welt der Beweise versunken.
300
Als Dennis am nächsten Morgen das Haus verließ, in dem Moment als die Tür ins Schloss fiel, da stieg ihr Puls. Sie wusste nicht genau, wann Lidia kommen wollte, aber sie machte sich so hübsch, wie es nur ging. Wie Lidia selbst, so übertrieb sie es leicht. Sie wollte Lidia gefallen und von ihr begehrt werden. Ihr war nicht bewusst, dass sie dafür eigentlich überhaupt nichts tun musste. Wenn sie an Lidia und das Geschehen vor zwei Tagen dachte, zog die Wollust durch ihren Unterleib, doch ihr Verstand hinterfragte immer wieder, ob sie tatsächlich dazu bereit war.
Eine Ewigkeit später hörte sie den Schlüssel im Schloss, ihr Herz rutschte in die Hose und sie fragte sich, ob sie in einem Traum war. Lidia kam herein und zog wieder das knappe Kleid an und den Schlüpfer aus. Sandra sah ihr zu, Lidia schien keine Scham zu kennen. Sandras Unterleib kochte, ihr Puls raste, aber beide taten cool und sie begrüßten sich mit einem flüchtigen Kuss.
„Du musst dich nicht so anziehen, er ist gar nicht da. Er präsentiert seine Lösungen bei einem Auftraggeber.”, waren Sandras erste Worte. Ihre Stimme zitterte leicht und Lidia tat, als ob sie es nicht merkte.
„Ich will mich aber so anziehen. Für dich. Findest du mich hübsch?”
Sandra Herz wummerte wilder, sie spürte die gewaltigen Schläge im ganzen Körper. Ihr wurde schwindelig. Sie wusste gar nicht, was sie überhaupt sagen sollte, dort stand ihr Traum vor ihr, ihr Schlaraffenland, ihre fleischgewordene Sehnsucht. Himmel und Hölle. „Ja!”, schnappte sie kurzatmig zurück.
Sie gingen Hand in Hand ins Wohnzimmer. Johanna lag dort auf ihrer Spieldecke und die beiden Frauen legten sich links und rechts von ihr auf die Seite, so dass sie abwechselnd oder auch gleichzeitig mit dem Kind spielen konnten. Hin und wieder berührten sich beider Hände und lösten knisternde Schauer bei den Frauen aus. Wenn ihre Blicke sich kreuzten, konnte jede die Begierde der anderen spüren.
Jederzeit bereit übereinander herzufallen, lagen sie auf der Lauer. Sandra wurde entschlossener, sie war innerlich bereit. Sie würde sich diese Chance nicht entgehen lassen, zu oft hatte sie in den letzten achtundvierzig Stunden ihren Tagtraum mit Lidia gefüllt. Schließlich wurden die Händchen des Kindes schlaff und ihre Augen fielen zu. Auf Sandras grüner Bluse zeigten sich zwei dunkle Flecken, dort wo ihre Brustwarzen den zarten Stoff berührten. Sie hielten Blickkontakt, ernst und voller Gier.
Ohne Hektik standen sie auf, ihre Blicke blieben einander gefangen. Lidia umarmte Sandra und presste ihre Lippen auf den seidigen Stoff von Sandras Bluse um mit mächtigem Unterdruck die Nährflüssigkeit aus Sandras Nippel durch die Textilie zu ziehen. Dann biss sie zu und Sandra schrie auf.
„Hör auf zu jammern, ich fresse dich jetzt auf. Mit Haut und Haaren.”
„Oh, Gott … ja … friss mich auf. Bitte!”
Umschlungen taumelten sie ins Nebenzimmer, rissen sich die Kleider vom Leib und warfen sich zusammen auf das Bett. Lidia saugte ungestüm Sandra Brüste, so heftig, dass Sandra fortwährend spitze Schreie ausstieß. Schmerz und Lust rasten durch ihren Körper und ihre Brustwarzen. Sie warfen sich hin und her, so dass mal die eine, mal die andere Frau obenauf war.
Während Lidia sich festsaugte, rammelte sie Sandra mit ihrem Knie, drückte und zog es durch Sandras nassen Unterleib, der sich mit Leibeskräften dagegen drückte. Sandra rang bereits mit dem ersten Orgasmus. Lidia legte sich auf den Rücken und spreizte ihre Schenkel weit.
„Bitte, spritze mir deine heiße Milch in meine Muschi. Ja?”
Lidia zog mit ihren Fingern ihre Schamlippen auseinander und Sandra rutschte nach hinten, um einen ihrer Nippel direkt auf Lidias Klitoris zu drücken. „Hilfe, ist das schön, ja.”, stöhnte Lidia unter dem sanften Druck. Dann drückte Sandra ihre Brust und die Milch schoss in einem dünnen, scharfen Strahl auf Lidias Kitzler. Lidia keuchte angestrengt während Sandra den ganzen Schoß mit ihrer Milch bespritzte.
Die Flüssigkeit lief Lidias Ritze hinunter. Sandra sah die milchige, völlig haarfreie Muschi ganz aus der Nähe. Sie hatte noch nie eine Frau gekostet. Ihre Erfahrung mit Frauen beschränkte sich auf gegenseitiges Streicheln mit einer Mitbewohnerin in einer studentischen Wohngemeinschaft. Ihre Adern drohten zu platzen, als sie sich mit ihrem Mund der vor ihr liegenden Muschi nahte. Das Aroma versetzte sie in einen traumhaften Sinnestaumel.
Ganz zärtlich nahm sie mit den Lippen die Knospe auf und steigerte sich nach und nach. Der Geschmack übertraf ihre kühnsten Erwartungen, sie konnte kaum glauben, dass ein derart göttlicher Geschmack überhaupt existieren durfte. Bald darauf leckte sie heißblütig und wild die weibliche Pracht, sie winkelte Lidias Beine an, um auch den mit Milch benetzten Anus lecken zu können. Sie stieß ihre Zunge in den After und ihre Nase steckte in der klitschnassen Muschi Lidias. So wäre sie gerne erstickt.
Weiter und weiter wollte sie sich in das hintere Lustloch mit ihrer Zunge bohren, doch die Stellung ließ ein tieferes Eindringen nicht zu. Sandras Universum bestand nur noch aus ihrem, sich nach Befriedigung sehnenden, Körper.
„Ich möchte mir jetzt die dreihundert verdienen. Ich möchte dir den Arsch auslecken.”, bettelte Sandra. Ihr Brustkorb bebte vor Erregung und ihre Stimme klang trunken.
„Du geile Sau, ich wusste es, als ich dich sah, wie du da auf das Handtuch gepisst hast.”, antwortete Lidia.
„Ja, ich bin eine versaute Schlampe. Jetzt setze dich auf mich, damit ich endlich dein geiles Arschloch gründlich auslecken kann.”
„Du Nutte! Du saugeile Lecknutte!”, feuerte Lidia sie an.
„Ja. Gib mir deinen Arsch. Gib mir endlich deinen Arsch!”, keuchte sie und ihr ganzer Körper pumpte deutlich sichtbar die Luft ein und aus.
Als Lidia sich senkte, mit Blickrichtung zu Sandra Füßen, da nahm Sandra mit beiden Händen ihre Backen und spreizte sie, so weit es nur ging um mit ihrer Zunge tiefstmöglich einzutauchen. Sie hörte Lidias Jauchzen, als sie eindrang und sie war so gierig, dass sie ihre Zunge lang und gerade machte und fast einen Krampf darin bekam.
Sie umschlang mit ihren Armen fest Lidias Unterkörper und drückte ihn fest auf ihr Gesicht. Exzessiv leckte sie das Loch und fuhr immer wieder hinein. Lidias Mund hatte längst seine Bewegung in Richtung Sandras Heiligtum aufgenommen. Sandra spürte ihren heißen Mund an und in ihr und sie bemerkte sofort, wie gut Lidia es mit ihrem Mund tun konnte.
Nur kurze Zeit später wimmerte Sandra ihren Orgasmus, sie spürte, wie ihr die Flüssigkeit entwich. Dies schien Lidia nicht zu stören, im Gegenteil, sie nahm auf, was sie davon bekommen konnte. Sandra spürte, wie Lidia ebenfalls abging und die warme Pisse auf ihren Hals lief. In ihrer orgiastischen Ekstase schob sie ihren Kopf nach unten, um den warmen und salzigen Urin direkt aus der Quelle des Himmels zu trinken.
Zitternd blieben sie liegen und streichelten und leckten sich, bis die Erregung allmählich abklang. Sie kuschelten sich unter die Decke und ganz nahe beieinander fielen sie in einen dämmrigen Halbschlaf. Eine knappe Stunde konnten sie ruhen, dann meldete Johanna ihre Ansprüche auf Nahrung und Aufmerksamkeit.
Sie stillte Johanna auf der Couch, sie hatte sich lediglich einen Bademantel übergestreift, nachdem sie sich oberflächlich, an den Brustwarzen gründlich, gewaschen hatte. Lidia kam wenig später aus der Dusche und zog nicht ihre Dienstkleidung, sondern ihre ‚normalen’ Sachen an. Da es frischer geworden war, hatte sie auch andere Schuhe dabei, hohe, schwarze Stiefel. Die silbernen High Heels verstaute sie ebenso wie das Kleid in ihrer voluminösen Handtasche.
Als mit diesen Stiefeln ins Wohnzimmer kam, da wusste Sandra nicht mehr welche der beiden Fußbekleidungen sie heißer fand, die Stiefel jedenfalls raubten ihr schon wieder den Atem. Nach dem Stillen drückte sie Johanna einfach in Lidias Hände und zog sich ebenfalls an.
„Hast du Lust auf einen Spaziergang? Ist zwar nicht so schön heute, aber mein Kind will doch die Welt sehen. Und ich auch. Kommst du mit uns, bitte, ja?”
„Gerne, das Wetter macht mir nichts aus. Und wenn es regnet, dann doch nur Wasser. Außerdem gehe ich mit dir überall hin, überall, wenn du mich darum bittest.”
Sie machten sich ziellos auf den Weg, es war der erste Tag der Woche, der weniger schön war, dichte Wolken, zwischen denen sich die Sonne nur spärlich zeigte und kühlere Temperaturen. Es waren einige Menschen unterwegs auf den Straßen und sie nutzten jede sich bietende Möglichkeit, sich gegenseitig zu berühren, teilweise auch unbewusst. Sie unterhielten sich angeregt und Sandra hatte das Gefühl, schon ihr Leben lang auf diese Stimme mit dem erotischen Akzent gewartet zu haben.
Sie landeten am Eingang des Botanischen Gartens und lösten spontan die Tickets. Der Garten wer sehr leer, aufgrund des Wetters und des Wochentages. Sie liefen über die verlassenen Wege und bestaunten die blühende Schönheit der Natur. Sandra wurde immer ausgelassener, sie würde ihren Mann heute abservieren, sie würde ihm die Quittung geben für seine Respektlosigkeit. Sie dachte an ihre Zukunft und an die Trümmer, die vom ihren Leben noch übrig waren und doch wollte es sie nicht so recht bedrücken. Alle Wege waren offen und sie alle waren voller neuer Hoffnung und Freiheit.
Sie gingen Hand in Hand und Sandra genoss jede Berührung zwischen ihnen. Alles war neu, sämtliche Uhren wieder auf null gestellt und jeder Kuss schmeckte wie der süße Neuanfang eines Lebens. Ihre Lippen konnten einander nicht genug bekommen und zu jeder Gelegenheit, wenn sie auf blickdichten Wegen liefen, küssten sie sich.
Johanna schlief bereits wieder, als sie im Café ankamen. Sie ließen sich kaum aus den Augen und strahlten sich fortwährend an, ihre Blicke voller Energie. Jeder, der sie nur kurz studierte, konnte es sehen, und sie beide wussten es ebenso. Sie waren ineinander vernarrt wie Teenager.
„Das heute, das war … irgendwie … etwas ganz Besonderes. Etwas Großes. Es war mehr als … ich weiß auch nicht. Es ist schwer, es zu beschreiben”, sagte Lidia.
„Es war das erste Mal für mich … mit … einer Frau. Ich bin ziemlich durcheinander. Ich dachte immer, ich sei hetero, bis vorgestern hätte ich darauf geschworen. Und dann kommst du.”
„Bereust du es?”
„Oh nein, im Gegenteil. So habe ich noch nie gefühlt. Es war … so intensiv.”
„Magst du mich denn?”, fragte Lidia.
„Das meinst du doch jetzt nicht ernst, diese Frage. Natürlich.”
Lidia nahm Sandras Hand und fuhr fort:
„Ich meine, so richtig.”
„Wie ‚so richtig’?”
„Ich mag dich … sehr … viel zu sehr. Ich … möchte gerne mit dir zusammen sein.”, sagte Lidia unsicher und sie hielt nur kurz den Augenkontakt zu Sandra, ehe sie zu Boden blickte. Sie wunderte sich, wie stark ihre Gefühle für Sandra waren, sie kannte das Gefühl wohl, aber derart hatte sie es selten erwischt.
Sandra lehnte sich zurück, löste sich von Lidias Hand und atmete tief ein. Sie versuchte ihre Gedanken zu sortieren, das Chaos zu bändigen. Sie war nicht bereit, grundlegende Entscheidungen zu treffen, aber sie wollte Lidia auch nicht abweisen. Sie musste Zeit gewinnen. Leise und ernst sagte sie:
„Bevor ich eine neue Beziehung anfange muss ich erst einmal meine alte beenden. Dies werde ich heute Abend tun. Voraussichtlich. Nein, sicher. Also fast ganz sicher, du kennst ja die Geschichte.”
„Und wenn alles läuft, wie geplant? Sind wir dann ein Paar? Sind wir zwei Frauen in einer richtigen Beziehung?” Die Enttäuschung über die ausweichende Antwort Sandras stand Lidia ins Gesicht geschrieben und Sandra bemerkte die fast ängstliche Erwartung einer Antwort in Lidias Augen, bevor sie selbst den Blick senkte und ihren koffeinfreien Kaffee fixierte, als wäre darin die Antwort zu finden. Sandra überlegte gründlich, bevor sie antwortete:
„Ich bin mir nicht sicher, Lidia. Ich habe mal gelesen, dass Beziehungen sind, wie belagerte Burgen. Wer drin ist, der will raus und wer draußen ist, der möchte hinein.”
Sandra beugte sich wieder vor, nahm Lidias Hand, sah ihr jetzt doch in die Augen und fuhr fort: „Wenn ich da raus bin, dann bin ich erst einmal froh, die Burg zu verlassen. Unbeschadet werde ich auch nicht bleiben. Um dann gleich in die nächste feste Beziehung einzuziehen? Versteh mich nicht falsch, es hat nichts mit meinen Gefühlen für dich zu tun. Ich liebe dich ebenfalls. Aber ich kann mich nicht sofort wieder fest an jemanden, also ich meine an dich, binden. Kannst du das nachvollziehen?”
Lidias Augen verengten sich, ihre Augen wurden feucht und die Spur der Furcht war darin jetzt deutlich zu sehen, als sie antwortete: „Gut. Besser als nichts.” Es klang trocken, ohne Euphorie oder Begeisterung und Lidia unterdrückte ihren Ärger über den Spruch mit der Burg. Und sie ärgerte sich über ihre Befangenheit, vorgestern noch hatte sie dominiert und gestaltet und nun war sie diejenige, die sich unterordnete, weil sie so verliebt war, wie sie meinte, es noch nie erlebt zu haben.
Recht schweigsam schlenderten sie danach Richtung Ausgang, ihre gegenseitigen Berührungen wurden durch das Gespräch nicht vermindert, wobei Lidia die Initiative Sandra überließ. Lidia hatte regelrecht Schmetterlinge im Bauch gehabt, als sie losgegangen waren. Die Schmetterlinge waren einer gewissen Bedrückung gewichen und auch Sandra war erstaunt, wie sehr Lidias feuchte Augen eben ihr Herz berührt hatten. Ihre eigene Antwort nagte an ihr und sie überlegte, ob sie noch etwas dazu sagen sollte, aber ihr fiel nichts passendes ein.
Später kehrten sie in Dennis Wohnung zurück. Dieser war bereits wieder zu Hause. Sandra schaute zur Uhr und nun wurde sie doch von Aufregung ergriffen, obwohl sie erst in drei Stunden losgehen musste. Ihre Aufregung stieg mit jeder Minute. Und Lidias auch. Sie und Dennis würden auf Johanna aufpassen. Lidia bezweifelte, dass Dennis daran großen Anteil haben würde.
Als Sandra das Haus verließ, war Johanna auf Lidias Arm. Lidia schaute in die leuchtenden Augen des Kindes und ihr wurde bewusst, dass sie dieses Kind beneidete. Niemand könnte es von Sandra trennen. Es würde ein langer Abend werden, aber Sandra hatte versprochen, zu Dennis und ihr zurückzukehren, egal, wie das Gespräch mit Felix verlief. Das Warten begann.
Johanna
Sie trafen sich allein. Sie landeten in einem, ihnen wohlbekannten, Restaurant. Trotz des kühlen Windes setzten sie sich draußen, wo sie fast die einzigen Gäste waren. Es wirkte auf Sandra wie ein trüber Herbsttag, obwohl nur einzelne Wolkenfetzen vorübertrieben. Es war die Stimmung, die auf ihr Gemüt drückte. Sie bestellte einen koffeinfreien Kaffee und er ein Weizenbier. “Du siehst ziemlich fertig aus. Bist du krankgeschrieben?”, eröffnete sie das Gespräch, vor dem sie sich fürchtete. “Nein, weißt du doch, alles für die Firma.”, antwortete er, begleitet von einem versuchten Lächeln, das doch verkniffen wirkte.
Er machte sich eine Zigarette an. “Seit wann rauchst du wieder?” Er gab keine Antwort und blickte an ihr vorbei in den Horizont, als bewundere er die dahinfliehenden Wolken. Es fiel ihr schwer, sie wollte kein seichtes Gespräch, sie wollte zum Thema kommen. Aber er sprach zuerst: “Wie geht es Johanna?”
“Vermutlich gut. Johanna! Hast du mal daran gedacht, wie es mir geht? Wie konntest du mir das antun? Kannst du dir die Schande und den Hass und die Enttäuschung in mir vorstellen? Warum?” Er gab weiterhin keine Antwort und änderte auch nicht seine Blickrichtung. Wie ein Jugendlicher zog er lässig an seiner Zigarette. “Du liebst sie noch immer, oder?” “Ja.” Du Arschloch!, dachte sie. Jetzt wollte sie es wissen. “Erzähle mir von ihr.”
Und er erzählte. Er beschrieb sie detailreich, sprach von ihrer Schönheit, ihrer Eleganz und ihrem Humor. Er berichtete, was sie für Kleidung trug und was sie gerne aß. Sandra klappte die Kinnlade runter, er war offensichtlich besessen. Er schwärmte von ihr in den höchsten Tönen. Ihr wurde erst unwohl und dann schlecht. Sie rang mit den Tränen und seine Worte drangen zäh in ihr Gehirn, schmerzhaft und verletzend. Ihr wurde speiübel. Fünfzehn Minuten später, sie konnte seine Worte schon nicht mehr verarbeiten, endete seine Erzählung mit den Worten: “Am einundzwanzigsten November 2008 injizierte sie sich eine tödliche Überdosis Heroin. Also vor über siebeneinhalb Jahren.”
Tränen füllten langsam ihre Augen und ein dicker Kloß machte sich in ihrem Hals breit. Wieder einmal klappte ihr gesamtes Gedankengefüge in sich zusammen. Sie fragte sich, ob es Realität oder Einbildung war, Gedanken und Gefühle verschwammen in ihrem Geiste. Oder virtuelle Realität, abermals geisterten die Erinnerungen durch ihre Synapsen. Sie verlor ihre Wahrnehmung, es vermischten sich viele und unechte Erinnerungen zu einem Brei, es fiel ihr schwer zu glauben, dass sie hier saß und dieses Gespräch führte. War sie von zu Hause geflüchtet? Sie riss sich zusammen und gewann wieder Orientierung. Sie fühlte sich dumm und einfältig. Nie hatte sie damit gerechnet. Nur eine einzige Information drehte ihre Welt um einhundertachtzig Grad. Sie nahm sich vor, nie wieder so vorschnell und töricht zu urteilen.
Sie schwiegen und Sandra nahm seine Hände. “Oh Gott, es tut mir leid. Ich bin völlig durcheinander. Mir fehlen … Worte.” schluchzte sie nun, ihre letzten Worte waren stark verzerrt.
“Ist schon gut. Du konntest es nicht wissen. Ich hätte es dir erzählen sollen, es ist immerhin unser Kind, unsere Tochter. Bitte verzeih mir.”
“Warum hat mir Katrin nichts davon gesagt? Das kann sie doch nicht bringen. Sie hätte es mir sagen müssen.”, brachte sie voller Zorn auf die Frau seines Arbeitskollegen hervor.
“Sie weiß es nicht. Niemand weiß es. Ich wollte und konnte es niemanden mitteilen.”