Der Dealer und seine Laufmädchen
von Andrew_K 2020
Mia und Olivia gingen Hand in Hand durch den Gorkypark, der über die Grenzen der Stadt hinaus für seine Drogen bekannt war. Sie sahen wie zwei Kinder aus, die auf der Suche nach einem Spielplatz waren. Aber wenn die Leute auf ihre Unterhaltung gehört hätten, wäre ein anderes Bild heraus gekommen.
„Ich glaub ich hab eine. Mädchen mit blauer Daunenjacke und Schwarzer Pudelmütze”, sagte Olivia.
„Warum grade die?”, wollte Mia wissen.
„Die steht die ganze Zeit an einem Fleck. Die sieht aus, als würde die auf jemanden warten, aber sie hat weder ein Handy, auf dem sie herumtippt, noch Kopfhörer.”
„Es soll Mädchen geben, die sowas nicht besitzen. Du zum Beispiel.”
„Ich bin aber klein und die ist groß.”
Mia musste Grinsen. Noch vor 4 Monaten hatte sie nicht so weit entfernt von hier noch das Gegenteil behauptet.
„Okay. Dann ist sie heute unser Ziel. Schaukeln oder Wippen?”
Olivia verzog das Gesicht: „Schaukel. Ich glaube, ich werde nie wieder Wippen.”
„Natürlich”, sagte Mia und dachte an Olivia Vorfall. „Entschuldige, kleine Schwester.”
Sie gingen zu einem Spielplatz und wählten die Schaukel, von der man das Mädchen gerade noch so beobachten konnte. Dann begannen sie zu schaukeln. Es dauerte nicht lange und es kam Bewegung in das Mädchen. Ein junger Mann kam den Weg entlang und redete das Mädchen an. Es wurde kurz geredet, die beiden gaben sich die Hand und er ging wieder seiner Wege. Das Spiel wiederholte sich in der Zeit noch drei mal, bevor sich das Mädchen danach in Bewegung setzte.
„Echt ein gutes Auge”, lobte Mia Olivia, die daraufhin glücklich lächelte.
Vorsichtig verfolgten sie das Mädchen, die nach einiger Zeit in einem alten Abbruchhaus verschwand.
„Und was machen wir jetzt? Da können wir doch schlecht hinterher.”
Olivia schaute skeptisch.
„Das war ja auch nicht unser Auftrag. Die Aussage von Igor war, dass sich im Park Mädchen für Drogen prostituieren und wir suchen ja auch noch immer den Loverboy von Sissi.”
„Aber warum sind wir dann hier und nicht er?”
„Weil er mit Drogen für 500.000 Euro abgehauen ist. Ich denke, man würde an ihm ein Exempel statuieren, wenn er in Berlin irgendwo auftaucht.”
„Aber wenn ich so viel Geld habe, warum dann so eine Bruchbude?”
Manchmal überraschte Olivia Mia wirklich. Vor allem wenn sie ihr unerklärliche Zusammenhänge ansprach.
„Vielleicht sollten wir die mal an Goolemaps heranlassen. So könnte sie doch auch schaun, wo die früher immer herum gelaufen ist”, stellte Olivia als nächstes fest.
Mia beugte sich zu ihr herüber und küsste sie auf die Wange.
„Uih warum hast du das gemacht?”
„Weil du meine geniale kleine Schwester bist”, sagte Mia. „Komm, wir sind hier erstmal fertig.”
Sie gingen zur nächsten Bushaltestelle und fuhren über ein paar Umwege zu Anja.
Igor sass derweil mit Julia über den Plänen für das neue Sicherheitskonzept seines Clubs. Aber eigentlich wollte er wissen, wie es seiner Tochter in der neuen Schule erging. Er hatte von ihr seit der Einschulung nichts mehr gehört und das war für ihn ungewöhnlich. Er würde jetzt nicht behaupten können, das Olga sich auch früher bei ihm oft gemeldet hätte, es sei denn, sie brauchte Geld. Aber in den meisten Fällen hatte er von anderen gehört, was sie angestellt hatte und hatte hinter ihr aufräumen müssen. Meist mit Geld, manchmal auch so wie bei dem Dealer, dem er die Knochen brechen musste. Doch die letzten vier Monate war da nichts zu hören.
So war es dann auch so, dass Igor zwischen den Erläuterung über das Sensornetz im Eingang und die neue Panzerglasschleuse vor seinem Büro Julia direkt fragte:
„Kennst du meine Tochter?”
„Olga? Ich habe zwei Kurse mit ihr. Physik und Informatik. Die ist beim Programmieren ein echtes Naturtalent. Da von war sie selber überrascht.”
„Sie macht keinen Ärger?”
„Nichts, was man nicht schulintern lösen könnte. Sie hat manchmal eine ziemlich herablassende Art, aber das wird immer weniger. Es macht Spaß. mit ihr Zeit zu verbringen. Aber ich denke, dass Bea da einen großen Einfluss hat.”
„Bea?”
„Ihre beste und engste Freundin.”
Igor hörte zum ersten Mal von einer Freundin, vor allem mit den Worten eng und beste dabei. Früher aus der Erzählung der Leibwächter hatte Olga bestenfalls Hörige, die sie für all ihre Bedürfnisse benutzte. So wie er es berufsbedingt auch tat. Das hatte er für seine Tochter nicht gewollt. Indes verhindern konnte er es auch nicht. Als ihre Mutter sie bei ihm vor fünf Jahren abgesetzt hatte, war sie schon mitten in der Pubertät und von ihrer Mutter nicht mehr zu kontrollieren. Er gab ihr ein Dach über dem Kopf und Geld und die Freiheit, machen zu können, was sie wollte, wenn sie in die Schule ging. Igor hatte in Russland nie die Möglichkeit, das zu lernen, was hier in den Schulen gelehrt wurde. Er hatte auf dem Hof der Schule Knochenbrechen und Dealen gelernt und war so schnell zum Boss geworden. Und das war er dann auch geblieben.
Gerade aber saß er hier im Büro und musste feststellen, dass es wohl an der Dummheit der Menschen in seiner Umgebung lag, dass er der Boss war. Julia, von deren Aussehen nach er in Russland tausende mit dem Versprechen nach Deutschland locken könnte, sie groß raus zu bringen und die dann in einem Puff für ihn alles taten, war für seinen Charme überhaupt nicht empfänglich. Und als seine Untergebenen ihr gesagt hatten, sie solle ablegen, hat sie nur geantwortet, wenn er sie ficken möchte, muss er noch ein Jahr warten. Für das andere Geschäft bräuchte sie keine Haut zu zeigen.
Anschließend, weil sie Igor nicht vor ließ, lief sie dreißig Minuten mit Laptop und Zollstock durch seinen Laden und Maß alles mögliche auf. An manchen Ecken schüttelte sie verständnislos den Kopf. Und dann sagte sie nur, dass sie an seiner Stelle bei seiner Paranoia den Laden abreißen und neu bauen würde. Das machte Igor dann doch neugierig und er hörte sein Machtspiel auf.
Und dann hatte dieses Kind ihm seinen Laden erklärt und wo er überall tote Ecken hatte, in denen man ganze Gruppen von Angreifern verstecken konnte. Er war geschockt und fasziniert. Und als er das Game sah, das wie bei einem Egoshooter eine Trainingseinheit bot, wo er der Endboss war, war er schon fast versucht, das geniale Kind zu töten, um ihre Idee und dieses Programm zu vernichten.
„Deine Tochter ist auf die Idee gekommen, den Quellcode von Storm zu benutzen. Es hat natürlich noch ein paar Macken, weil in Storm alles auf quadratischen Objekten Basiert und einige Waffen overpowert sind. Und eine VR wäre auch noch cool, um im Realen zu üben, aber leider sind wir noch nicht so weit, das zu verbinden.”
„Meine Tochter hat das Programmiert?”
„Ich hab doch gesagt, dass sie ein Naturtalent ist. Sie erkennt Systeme. Ich glaube, sie hat das bisher nur an Menschen ausgenutzt und als das bei uns nicht funktioniert hat, hat sich das im Computerkurs Bahn gebrochen. Sie war selbst überrascht, als sie von uns gelobt wurde. Mittlerweile gibt sie schon Kurse für die kleinen.”
„Meine Tochter bringt anderen was bei?”
Meine Güte, dachte Igor. Ich hab sie aus Strafe in die Schule geschickt. Sie sollte sehen, wo ihr Leben enden könnte, wenn es ihn mal erwischen würde. Seine Gegner hätten kein Problem, ihren süßen Arsch in eines ihrer Häuser zu stecken, vor allem weil er das selber schon getan hatte. Aber er war ja gewarnt worden, dass die Schule nicht normal war.
Natascha hatte ihm, als er mit seiner Idee kam, seine Tochter auf die Schule zu schicken, nur lange angeschaut. Und danach nur gesagt: „das willst du nicht. Du denkst, dass der Umgang mit den Little Angle sie abschreckt. Aber nur jede fünfte von uns arbeitet mit Männern, der Rest geht in die normale Welt. Du könntest sie für immer verlieren. Sie könnte zurückkommen und dich als ein Relikt einer alten Zeit ansehen. Einem Dinosaurier. Überleg es dir gut.”
Er hatte es damals nicht verstanden. Das was diese Frauen und Mädchen taten und ihr eigenes Selbstverständnis wirkte sich einfach überall aus. Wenn er nicht so in seiner Welt gefangen gewesen wäre, hätte er es schon sehen müssen, als Mia nackt in seinem Büro gesessen hatte.
Er sah, dass Julia ihn anlächelte: „Ich hoffe, dass es nicht zu schnell für dich ist. Ich weiß, dass es der Vorteil unserer Jugend ist, dass wir neue Konzepte benutzen und das es schwer für euch ältere ist, zu akzeptieren, dass bewährtes auch noch Lücken haben kann, nachdem es Jahrzehnte gute Dienste geleistet hat. Aber Sie haben jetzt den Vorteil das zu benutzen. Hat doch was.”
Igor nickte. Das war wirklich ein Vorteil. Vielleicht sollte er mehr seiner Mädchen und Jungs auf diese Schule schicken. Er müsste nur mit Natascha reden.
„Das wird nicht passieren.”
Max stand vor Natascha und die versuchte ein überzeugendes Gesicht zu machen, auch wenn sie selber nicht sehr davon überzeugt war. Mia in einen wenn auch nur kurzen Einsatz zu schicken, war immer mit dem Risiko verbunden, dass Mia über die Grenze schlug und Dinge tat, die weitreichende Folgen hatte. Am Ende lag Mia meist für ein oder zwei Wochen krank im Bett, oder hatte ihren nackten Hintern an Stellen gezeigt, wo er nicht hingehörte. Aber Mia hatte das alles überstanden. Sie war klug und konnte ihren Gegner mit seinen eigenen Waffen schlagen. Ohne Sie wäre Igor in Berlin nicht ihr Partner geworden. Ohne Sie wären Askanna und ihre Freundinnen noch immer in einer Ecke der Schule und nicht mitten drin. Ohne Sie hätte Henry keine 14 jährige gefickt… okay, dass ist jetzt seltsam, das als Begründung zu verwenden, aber durch Henry waren sie zu seiner Tochter Julia gekommen und Natascha wusste schon lange nicht mehr, wie sie all das ohne sie hatten organisieren können. Trotz des Risikos, dass der Einsatz mit Mia gehörig schief gehen könnte, war sie die beste Wahl.
„Sie bringt alles mit, was wir brauchen. Und das Wunderkind, dass Drogen haben will um noch mehr zu lernen, ist sogar echt. Sie wird da schneller reinkommen, als wenn ich jetzt noch eine von den neuen darauf einstimme.”
„Nein, nein und nochmal Nein. Ich setze nicht die jüngste meiner Schülerinnen für solche Aktionen ein.”
„Ich will auch nicht Delfine da hin schicken, sondern Mia.”
„Wie kommst du jetzt auf Delfine?”
„Weil Olivia´s kleine Schwester gerade deine Jüngste Schülerin ist, auch wenn du das gerne verdrängst. Direkt danach kommen noch 4 Schwestern von Eskel, die Schwester von Nneka und die Nepalesin, Olivia und dann kommt erst Mia. Und bei allem Respekt für euer Arrangement. Mia ist nicht deine Tochter.”
“Was soll das jetzt heißen? “, motze Max. „Nur weil sie es nicht ist, soll ich sie in einer gefährliche Situation schicken?”
„Warum würdest du lieber jemanden der anderen Opfern, die vielleicht in der Situation untergehen?”
„Weil …”
Darauf hatte Max nicht wirklich eine Antwort.
„Bei Katherina und Lisa-Maria würde ich genau so reagieren.”
„Aha, dann frag ich halt Sophie.”
„Okay.”
„Ach Sophie geht? Ich soll Sophie aus ihrem Studium reißen und nach Berlin abtransportieren und sie da drei bis vier Monate aufbauen, weil sie nicht Mia ist?”
Max versuchte sich heraus zu winden, aber Natascha hatte recht. Seine Auswahl und seine Gefühle waren noch immer von dem Kind geprägt, dass sie in Köln gerettet hatten. Das sie aber um andere zu retten nun mehr Einsatz und mehr Lockvögel brauchten, war auch ihm bewusst. Und da sie noch immer recht wenige waren, die für solche Einsätze geeignet waren, hatten sie nicht wirklich die Wahl. Langsam wurde die Organisation zu groß.
„Okay”, sagte er. „Bring sie heile zurück.”
„Als wenn ich das Versprechen könnte.”
Mia saß in der Unimensa und sah zu Sakute rüber. Er hatte von ihrem Auftrag gehört und war nicht begeistert.
„Du willst alleine zu einem Dealer? Das ist gefährlich.”
„Erstens will ich erstmal zu seinen Mädchen und dann erst zu ihrem Boss, aber ich war auch schon bei Igor und da hast du dich nicht so angestellt.”
„Da warst du noch nicht meine Freundin und wenn ich gewusst hätte, was du bei ihm machst, hätte ich dich nicht gehen lassen.”
„Aber wenn ich dich lassen würde, würdest du mit mir in einen SM Laden gehen, mir eine Leine um den Hals legen und mit einem Ball im Mund begaffen lassen.”
Sakute wurde rot. Das war exakt eine seiner Fantasie, einschließlich der Überlegung, mit ihr vor allen anderen Sex zu haben.
„Das ist was anderes. Das ist nicht gefährlich.”
„Für dich. Ich habe dann jedoch keine Kontrolle über die Situation. Hier habe ich sie. Wenn mir einer zu Bund kommt, ich kann wie ein Esel treten. Das weisst du.”
„Ja, okay.”
„Außerdem sind Henry und Markus in Rufweite. Da können jeder Zeit eingreifen.”
„Ich finde es echt blöd, das es nur die beiden sind.”
„Naja, die anderen sind jetzt bei Ranya. Da werden sie auch viel mehr gebraucht und auch wenn der Palace dank Juli und Steffi ein Bunker ist, braucht es auch da Leute.”
„Was ich aber immer noch nicht verstehe ist, warum kümmert ihr euch um Dealer?”
„Weil es unter ihnen jemanden gibt, der Kinder und Jugendlichen zu Sexsklaven und Drogenboten abrichtet. Den Drogenk**s im Park können wir kaum helfen. Es ist lukrativ, Drogen zu verkaufen. Die sind wohl freiwillig dabei. So wird es bei mir dann auch sein.”
„Und dann willst du die Drogen hier verkaufen?”
„Ja. Das Gemisch von Sina. Kribbelt genauso in der Nase und der Platzebo Effekt wird auch einen Teil dazu beitragen, aber ohne das i*****le.”
„Wenn sie dich erwischen, fliegst du trotzdem von der Uni.”
„Werde ich nicht. Zumindest nicht offiziell.”
„Verstehe ich nicht.”
„Wir haben den Direktor eingeweiht. Michael Schuster war heute morgen mit bei ihm. Er ist zwar nicht begeistert, dass seine Vorzeigestudentin mit so einer Sache offiziell von seiner Uni fliegen soll, aber er hatte auch Verständnis für die Undercovertätigkeit der Polizei.”
„Also ist das jetzt offiziell eine Polizei Aktion?”
„Erst wenn wir Sicillias Master haben und ich dann verhaftet werde. Aber bis dahin habe ich hoffendlich mein Vordiplom durch.”
Mia konzentrierte sich wieder auf ihre Skript und Sakute fragte sich, ob es wirklich gut war, ihr Freund zu sein. Wenn sie das jetzt tatsächlich durchzog, waren ihre Tage in Berlin gezählt und dann würden sie nurnoch eine Fernbeziehung führen. Und ob die dann noch bestand hatte? Auf der anderen Seite hatten sie, wie Mia es ausdrückte, eine offene Beziehung. Sie hatte beim Essen solange Nneka ausgequetscht, bis die auch die letzte Kleinigkeit von ihrer Limousine Sesion erzählt hatte und hatte dann gesagt, das machst du nicht mit mir. War er für sie mehr als nur irgendeine Affaire oder eine zufällige Sexbekanntschaft?
„Was sind wir eigentlich”, fragte er nun unvermittelt und Mia antwortet genauso schnell, „wir sind Freunde.”
„So wie du und Nneka?”
„Natürlich nicht. Nneka ist Familie.”
„Und was ist dann Max?”
„Max ist mein Papa und Ines ist Mama. Das ist noch enger Familie. Worauf willst du eigentlich hinaus?”
„Ich wollte wissen, welchen Wert ich in deinem Leben habe.”
„Verstehe ich nicht.”
„Wenn dir deine Familie sagt, geh in ein Haifischbecken und ich würde sagen, geh nicht, was würdest du tun?”
„Ins Haifischbecken gehen”, grinste Mia. „Ist bestimmt spannend.”
„Du vertraust deiner Familie mehr als mir.”
Mia sah ihn jetzt ernst an. Dann nickte sie.
„Ja das ist wohl so. Weil sie auch mir vertrauen.” Sie machte eine Pause und schaute ihn weiter an. „Und auch wenn du es scheinbar nicht tust, mir zu vertrauen, du bist trotzdem weiter mein Freund.” „Aber mehr nicht?”
Sie überlegte kurz und nickte dann. „Mehr wohl nicht.”
Als sie bemerkte, wie ruhig er war, sah sie ihn an. „Paul, wir wissen beide, dass du eigentlich jemanden anderen suchst. Jemanden, der deinem Fetisch mit Begeisterung folgt. Der sich mit Freude auf deine Beine legt und die flache Hand auf ihrem Hintern spürt. So jemand bin ich nicht. Ich kenne bei uns einige, die so sind. Mit den Schwestern von Eskel hättest du zum Beispiel einen ganzen Harem.”
„Die sind alle so jung.”
„Die älteste ist ein Jahr älter als ich”, bemerkte Mia.
„Die sind aber nicht so reif wie du.”
„Das ist nicht unbedingt etwas, worauf ich stolz bin. Was habe ich von meiner Reife? Ich bin nicht mehr Kind. Ich sitze hier an einem Tisch und alle um mich herum sind im Schnitt 8 Jahre älter. Die nehmen mich in der Regel nicht für voll. Einmal pro Woche werde ich gefragt, ob ich entweder meinen großen Bruder oder meine große Schwester suche. Wenn mich die Doktoranten sehen, muss ich immer erst beweisen, dass ich die nötgen Prüfungen habe. Und was machen andere in meinem Alter? Sie sammeln Poster ihrer Stars und tapezieren damit zuhause die Wände. Ich habe da Schaltbilder hängen.”
„Du bist auch eine Nerdine.”
„Ja danke, Sakute.”
„Aber ficken würdest du weiter mit mir?”
„Sakute, du bist wirklich gut darin. Ja, ich würde es.”
Etwas später war Mia alleine im Gorkypark. Sie nahm Ausschau nach dem Mädchen, was sie mit Olivia beobachtet hatte und fand sie an ihrem üblichen Platz. Henry hatte ihr eingeschärft, sie solle schüchtern reagieren. Sie sei ein junges Mädchen, dass zum ersten Mal Drogen kauft. Die sagt nicht verkaufst mir 3 Gramm. Die fragt ganz vorsichtig und um den heißen Brei und sie kennt vor allem den Wert der Ware nicht.
So trödelte sie auch etwas, in der Nähe. Schaute sich immer und immer wieder um und ging erst dann auf diese zu, als klar war, dass auch wirklich keiner dazukam.
„Hi”, sagte Mia.
„Hi”, sagte das Mädchen und fuhr weiter Fort, als Mia nichts sagte: „Was willst du?”
„Ich weiß noch nicht”, Mia schaute sich nervös um. „Sie haben mir gesagt, dass man hier was von Mädchen bekommt.”
„Wer hat das gesagt?”
„Die anderen auf der Uni.”
Das Mädchen hob die Augenbrauen.
„Du bist auf der Uni …”
Mia schaute sie wegen des herablassenden Tons ernst an: „Ja, was dagegen?”
„Was machst du da?”
„Studieren, was sonst?”
„Du studierst? Wie alt bist du? Sechszehn?”
„Fünfzehn. Die anderen haben gesagt, dass es hier was gibt, mit dem man länger wachbleiben kann.”
„Haben die anderen das?”
„Ja. Im Gorkypark. Bei Mädchen unter Laternen.”
„Dann hast du ja ein Mädchen gefunden.”
„Hast du was?”
„Was willst du denn?”
„Ich weiß nicht. Was hast du denn?”
„Speed. Pepp und Koks.”
„Mit was kann man länger lernen?”
„Du willst es nicht zum Feiern?”
„Wer würde mich in eine Disko lassen?”
Das Mädchen lachte. Dann zog sie ein kleines Tütchen hervor. „fuffy”
„So heißt das Zeug?”
„Das ist der Preis.”
„Fünfzig Euro? Soviel habe ich nicht dabei.”
Das Mädchen sah sie aufmerksam an. Dann nickte sie: „Weil du es bist, gebe ich es dir so. Aber das Nächste kostete dann sechzig, klar?”
„Okay. Danke?”
„Und jetzt verschwinde, bevor mein Boss das sieht. Der mag es nicht, wenn ich die Ware verschenke.”
„Okay, ich bin schon weg.”
Nach einer Fahrt mit der U-Bahn und einen Abstecher durch ein Studentenwohnheim saß Mia mit Henry im Palace. Er untersuchte das Pulver.
„Das ist Koks mit Aspirin gestreckt. 30 zu 70. Sehr schlechte Mischung. Da sind Kopfschmerzen vorprogramiert. Aber durch die Blutverdünnung bekommt man es auch sehr schnell ins Hirn. Es ist ein Sauzeug.”
„Durch was ersetzen wir es?”
„Wir könnten pures Aspirin nehmen.”
„Und das ist so gut in der Nase?”
„Nichts davon ist gut in der Nase, noch nicht mal weißer Schnupftabak.”
„Naja, egal, ihr macht das schon. Ich nehme es ja nur eine Zeit.”
„Du bekommst das hier. Es soll ja auch einen wirkliche ungespielte Folge haben, die dem Kolks ähnelt.”
Mia sah sich das Pulver aufmerksam von allen Seiten an.
„Und das ist?”
„Sinas White”, grinste Henry. „Es ist ein echtes Sauzeug.”
„Du hast es getestet?”
„Wir haben ein Kilo davon.”
Mia holte einen dünnen Strohhalm heraus und setze ihn an der Line an. Sie sog sich vertrauensvoll die Substanz in die Nase und bekam sofort einen roten Kopf.
„Oh mein Gott, was ist das?”
„Minzöl in Stärke.”
„Das ist schrecklich.”
„So fühlt sich auch Koks an, bis es ins Blut geht. Das Zeug macht nur deinen Atemwege frei.”
„Wird einer den Unterschied merken?”
„Nur im direkten Vergleich oder wenn er Jahrelang konsumiert. Aber ich hoffe, dass du schneller zu denen reinkommst.”
Mia hoffte das eigentlich nicht. Wenn es nämlich soweit war, würde sie nicht mehr nach Berlin kommen können. Sie musste also in den nächsten Wochen alle Praktika bestehen und das würde eine Mammutaufgabe. Sie seufzte. Aber wenigsten würde der Stress sie glaubwürdig erscheinen lassen. Sie nahm das Päckchen und ging zu Bett.
Zwei Tage später stand sie mit zerknitterten Fünfern wieder bei dem Mädchen, ihre Augen waren etwas eingefallen geschminkt. Sie wurde von dieser eingehend gemustert.
„Du hast es dir schon komplett rein gezogen?”
„Sollte man das nicht?”
„Herr Gott nein, das waren für so jemand wie dich eine Portion für mindesten 4 Tage.”
„Entschuldige.”
Das Mädchen schaute erst auf Mia und dann auf das Geld.
„Es hat aber gut geholfen. Sonst hätte ich das letzte Praktika echt vermasselt.”
„Wo hast du es dir den gegeben?”
„In der Mensa. Auf den Handrücken und rein.”
„Wie auf den Handrücken?”
„Ich habe mir da so einen Haufen gemacht und habe es eingeatmet.”
Das Mädchen fasste sie an den Kopf. Sie drehte sich um und gab ein Zeichen. Wenig später führte sie Mia direkt zu dem Abbruchhaus. Das geht jetzt aber schnell, dachte Mia. Sie wurde von dem Mädchen in einen Raum geführt, wo offensichtlich Nordafrikaner an einem Tisch saßen und Tee tranken. Das Mädchen sagte etwas auf Arabisch und die Herren interessierten sich nicht mehr für sie. Sie nahm einen Spiegel aus dem Schrank und legte ihn auf den Tisch.
Das ist ja klassisch wie im Film, dachte Mia. Fehlen nur noch Typen mit Gamaschen und nackte Tänzerinnen. Und als wenn dieser Gedanke ein Stichwort gewesen wäre, kroch ein nacktes Mädchen mit einem Halsband unter dem Tisch hervor und sah zu einem der Herren auf, der sie erst ignorierte. Als dieser sein Spiel gemacht hatte, nahm er einen Gürtel und band dem Mädchen den Arm ab. Er klopfte auf die Armbeuge und führte die Nadel ein. Weiter kam Mia nicht in ihren Beobachtungen nicht, denn das Verkaufsmädchen drehte ihren Kopf zu ihr.
„Hier spielt die Musik. Ich will nicht, dass du bald auch dort unter dem Tisch hockst. Also pass auf und lerne.”
Eine Dealerin mit Gewissen? Wie rührend, dachte Mia. Aber sie schaute trotzdem zu, wie das Mädchen ihr aus dem Stoff zwei sehr dünne Linien formte. Dann ließ sie diese mit einem gerollten Geldschein einsaugen. Das war jetzt nicht unbedingt, was Mia wollte. Aber was sollte sie machen? Sagen sie nähme nichts. So sog sie etwas ungeschickte die Spuren ein. Es war nicht ganz so schlimm wie Sina Wight, was wohl auch an der Menge lag. Aber dann kam die Wirkung und die empfand Mia als sehr unangenehm. Sie fühlte sich wie nach dem Sekt zu Silvester. So was brauchte sie nicht all zu häufig.
Sie lächelte das Mädchen an und die sagte, sie hätte es gut gemacht. Aber sie solle nicht mehr so häufig kommen. Ein Mann auf arabisch sagte etwas und das Mädchen widersprach hörbar und zog dann aber sehr schnell Mia mit vor die Tür.
Als Mia nach drei Tagen wieder im Park war und die Story ab ließ, dass ein älterer Student sie erwischt und ihr das Koks abgezogen hätte, hatte das Mädchen ein blaues Auge.
„Das ist doch nicht meinetwegen passiert?”, fragte Mia und das Mädchen drehte den Kopf. „Weil du mich vor dem Zeug geschützt hast? Ich glaube, ich werde das Zeug an der Uni verticken. Und wir teilen uns den Verdienst, ja?”
„Du willst dealen?”
„Wirst du nicht mehr geschlagen, wenn du mehr verkaufst?”
Das Mädchen drehte den Kopf weg und nickte dann.
„Der Typ mag mein Koks haben. Ich habe ihm dafür seine Brieftasche geklaut, schau mal 250,- Euro und ein bisschen. Ich gebe es dir und bekommen dafür den Stoff und ich gebe den in der Uni weiter. Der und seine Kumpels wollen bestimmt noch mehr.”
„Wenn sie dich erwischen?”
„Was wollen sie machen? Ich bin erst fünfzehn. Und dazu ein Wunderkind. Ein armes missverstandes Wunderkind, dass sich zu viel vorgenommen hat und so auf die schiefe Bahn geraten ist. Ich komme daraus. Glaub mir. Ich werde zurück ins Heim in den Westerwald geschickt und komme da die nächsten drei Jahre nicht mehr raus.”